Im Juli ist Totally Veg! leise, still und heimlich fünf Jahre alt geworden (still und leise deshalb, weil ich von anderen wichtigen Ereignissen abgelenkt war). Wäre mein Blog eine richtige Person, dann wäre bald das letzte Kindergartenjahr angebrochen – hach, sie werden so schnell groß! Statt Sentimentalität wird es aber Zeit für einen Rückblick, ganz unter dem Motto „Es wird besser“. Das ist immer der Rat, den ich frisch gebackenen Veganerinnen und Veganern gebe, die sich mehr oder weniger verzweifelt an mich wenden: Die Eltern reagieren mit Unverständnis, die Freunde nerven, die Arbeitskollegen tuscheln, und beim Lieblingsitaliener wird man schief angeschaut – bleibt das etwa so, ist das jetzt immer die gleiche, vegan-feindliche Leier?
Erster Vegan Bake Sale in Salzburg!
Nein, meine Lieben. Denn eine Sache ist auf eurer Seite: Veränderung. Auch wenn wir sie alle nicht besonders gerne mögen: Alles ist im Wandel, ob wir wollen oder nicht. Und so wird sich auch euer neues veganes Leben schließlich einpendeln, versprochen. Auch wenn ihr es mir jetzt gerade vielleicht nicht glaubt – und genau für euch habe ich diesen Artikel geschrieben, in dem ich einfach aufliste, was sich bei mir in über fünf Jahren Veganismus so getan hat, und das ganz ohne besonderes Zutun meinerseits.
Veggie Planet 2013
Der (fast) vegane M | Ich glaube, ich habe euch nie erzählt, wie mein Freund (und baldiger Mann) M auf meinen Umstieg zum Veganismus reagiert hat: Mit einem sehr schiefen Seitenblick und dem Satz „Aber ich ess‘ meine Leberkässemmel.“ Alles klar, dachte ich mir damals, das kann ja heiter werden. Wir ließen uns also gegenseitig in Ruhe, ich in meinem pflanzlichen Glück und er trotzig mit seinem Schinken. Als ich die Bitte über einen fleischfreien Kühlschrank äußerte, war das dann aber für M in Ordnung. Ein paar Jahre später verkündete er dann plötzlich, dass er auch kein Fleisch mehr essen würde, für mich aus heiterem Himmel. Und heute führen wir einen veganen Haushalt, er bemüht sich, vegan zu leben, und auch, wenn es manchmal aus Mangel an Alternativen auswärts „nur“ vegetarisch wird, bin ich so froh, dass ich so einen verständnisvollen und mitfühlenden Mann an meiner Seite habe, der sich wie das sprichwörtliche Schnitzel freut, wenn er vegane Chicken Wings bekommt.
Vegetarische Eltern | Für meine Eltern fiel mein Umstieg zum Vegetarismus (vor etwas mehr als sieben Jahren) eher in die Kategorie „Die Diät der Woche“. Also eher etwas, das man aussitzen kann. Mein Papa meinte damals nur, dass er mir dann, wenn „das vorbei wäre“, ein Bio-Huhn braten würde. Nun, es ging nicht vorbei, im Gegenteil, Mama und Papa wurden davon auch noch angesteckt. Die beiden haben sich (ohne Drängeln oder Trotzanfälle meinerseits) mit dem Thema der industriellen Tierhaltung beschäftigt, und verzichten seitdem auf Fleisch. Ich bin sehr stolz auf sie, vor allem, weil das in ihrer Generation nicht selbstverständlich ist. Auch daheim wird vegan gekocht, was die Tochter bei Besuchen in der Heimat natürlich besonders freut.
Das soziale Umfeld | Bei einigen Freunden kam der Umstieg zum veganen Leben vermutlich nicht besonders gut an. Aber da ich tolle Freunde habe, hat niemand etwas gesagt. Heute wird auf Parties extra für mich eingekauft, nach Rezepten gefragt, bei veganen Festen das Buffet geplündert oder vegane Mayonnaise hergestellt. Einige verzichten selbst ganz auf Fleisch, andere testen gerne mit M und mir vegane Restaurants. Ich bin dankbar, dass unser Freundeskreis da so unkompliziert ist – es wurde akzeptiert, dass dieser Lebensstil einfach zu M und mir dazu gehört.
Im Supermarkt | Die vegane Bewegung ist relativ jung, und die, die sie mittragen, sind ebenso jugendlich (auch wenn wir mittlerweile in das Alter kommen, wo Babies auf die Welt kommen und Hochzeiten stattfinden). Fünf Jahre sind da schon relativ lang – und dieser Zeitraum lässt sich nicht nur in Tagen und Monaten messen, sondern auch an dem Unterschied in veganem Angebot. Als ich noch ein Frischling war, war Sojamilch und ein veganer Aufstrich in einem Supermarkt schon ein Hit. Und heute gibt es eine Vielzahl an veganen Produkten im normalen Supermarkt, von verschiedenen Sorten pflanzlicher Milch zu veganem Eis zu Tortellini und Sojabolognese. Der Sprung, der in dieser Zeit gemacht wurde, ist enorm. Und ohne undankbar zu sein, sage ich: Da geht noch was.
Das Wort mit V | Vegan klang früher ein bisschen wie etwas vom Planeten Vega: Sind das nicht die, die nur das tote Obst essen? Sind die gefährlich?
Heute ist das Wort „Vegan“ fast schon in aller Munde. Erst kürzlich bestellte ich eine Pizza ohne Käse in einem italienischen Restaurant, worauf der Kellner murmelte, wie viele Veganer immer zu ihm kommen würden. Was früher fast ein Schimpfwort war - so schlimm, dass manche Veganer selbst es nicht benutzten, aus Angst, Leute zu vergraulen- , das nur im staubigen Reformhaus leise über den Tresen gehaucht wurde, ist heute zum Slogan einer neuen, frischen veganen Bewegung geworden, die das V-Wort stolz vor sich her trägt. Yes, ve-gan!
Und bei mir selbst | Ich war eine furchtbar scheue Veganerin. Anfangs war ich sehr
gehemmt, auch nur ansatzweise zu verkünden, dass ich weder Fleisch noch
Milch noch Eier esse, aus Angst, dass andere Personen unangenehm
reagieren könnten. Das war ziemlich bescheuert, was ich jetzt auch weiß
– immerhin sind die allermeisten Reaktionen auf meinen veganen
Lebensstil positiv-interessiert, und wenn mal jemand negativ reagiert
hat, war die Person an sich eh schon.. naja, auffällig, und ich kann
großzügig darauf kontern. Daher an alle Undercover-Veganer da
draussen: Ich kann es euch nachfühlen. Aber auch aus mir ist eine
stolze, selbstbewusste Veganerin geworden, und wenn ich das kann, dann
gelingt euch das auch. Manche Dinge brauchen nur einfach etwas Zeit und ein wenig Erfahrung. Übrigens war ich nie eine große Missionarin, und bin es aus heute nicht - wenn mich jemand nach den Gründen für mein veganes Leben frägt, erzähle ich gerne, sonst halte ich aber auch gerne einfach mal meine Klappe - stattdessen versuche ich, als positives Beispiel (mit den Händen voll mit veganem Kuchen) voranzugehen. Ich selbst habe nicht zum Veganismus gefunden, weil mich jemand mit Argumenten überzeugt hat. Ich kannte die Argumente vorher, und es klang zwar alles sehr vernünftig, aber es musste trotzdem in mir selbst "Klick" machen. Und ich denke nicht, dass ich das bei anderen Leuten durch Schreiduelle oder das Aufzählen wissenschaftlicher Studien zum Thema Milchkonsum erreichen werde.
Veganismus ist so selbstverständlich ein Teil von mir geworden, und gelegentlich ertappe ich mich dabei, dass ich mich erinnern muss, dass es der Rest der Welt nicht ist. Doch obwohl viele Aspekte meines veganen Lebens praktisch automatisch ablaufen (wie Einkaufen oder Kochen) rufe ich mir doch gelegentlich ins Gedächtnis, warum mein Weg so verläuft - eine gelegentliche Erinnerung an die unausprechliche Gewalt gegen Tiere, die im Namen der industriellen Tierhaltung verübt wird, ist zwar schmerzhaft, sorgt aber sicher dafür, dass ich nie vergesse, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

